Ulf Erdmann Ziegler, 1959 in Neumünster geboren, hat nach seinem erfolgreichen Debütroman „Hamburger Hochbahn“ nun sein zweites Werk, „Wilde Wiesen“, vorgelegt, das ihm den diesjährigen Hebbel-Preis einbrachte.
Am Literaturtelefon unter Tel. 0431/901-1156 und im Internet unter www.literaturtelefon-online.de liest er aus dieser „Autogeographie“.
Die wilden Wiesen der Kindheit kann man nicht vergessen. Überblendet, schwarzweiß, von kuriosen Figuren belebt, erscheinen sie dem Erwachsenen bis tief in den Schlaf. Die „Autogeographie“ ist ein Traumprotokoll, eine animierte Landkarte von Orten wie Einfeld, Tungendorf, Orschel-Hagen, Pillnitz, Dorstfeld. Wo? Und warum? Allerweltsorte bauen sich auf als Kulissen, als Phantasmagorie des Erzählers im einen Moment Miniatur, im anderen Moment ein Erdrutsch. In der Idylle der Großelternstadt verbergen sich Voyeure und Exhibitionisten.
Das Kind, auf dem holsteinischen Geestrücken gewiegt, erkennt als Jugendlicher an einem thüringischen Küchentisch das Urbild der Heimat. Der Junge, Deutschland entkommen, entdeckt bei seinen amerikanischen Gastgebern die Fratze puritanischer Vergeblichkeit. Der junge Erwachsene begegnet geistig Behinderten und ihren zynischen Betreuern, eine Grenzerfahrung. Die Skizze der Orte, lakonisch begonnen, bringt schließlich alles zur Sprache: Furcht und Trieb, Hochmut und Schicksal, Slackertum und Bildungshunger. Dahinter zeigt sich der historische Horizont: die deutsche Teilung, das Drama der Flucht, das Auftauchen der Baader-Meinhof-Gruppe, die Ära der Jesuspeople.
Dieses Buch ist eine groteske Beichte in zehn Kapiteln, das Protokoll der Provinz als Schrittmacher der Geschichte.